DIE HAUPTWERKE DES BADISCHEN BAUMEISTERS
Heinrich Hübsch, geboren am 9. Februar 1795 in Weinheim an der Bergstraße, war von 1832 bis 1854 Leiter der Karlsruher Bauschule und seit 1842 badischer Hofbaudirektor – in beidem folgte er seinem Lehrer Friedrich Weinbrenner nach. Im Großherzogtum Baden und dessen Umgebung errichtete den vorderen Flügel der Staatlichen Kunsthalle und die Orangerie in Karlsruhe, die Trinkhalle in Baden-Baden und die Westfassade des Doms in Speyer. Sein Hoftheater, einst am Botanischen Garten in Karlsruhe gelegen, wurde nach dem Zweiten Weltkrieg durch das Gebäude des Bundesverfassungsgerichts ersetzt. Seine frühen Bauten zeichnet eine klare, strenge Gliederung aus. Die Kunsthalle markiert den Übergang zu seinen späteren Werken: Der dekorative Innenausbau spiegelt eine opulentere, eine heitere Architekturauffassung wider.
DAS STUDIUM DER ANTIKE
Heinrich Hübsch studierte zunächst Philosophie und Mathematik in Heidelberg. 1815 wechselte er an die Bauschule Friedrich Weinbrenners nach Karlsruhe. Zwei Jahre später ging er nach Rom, wo er bis 1820 lebte und die Baukunst studierte. Die frühchristlichen Basiliken der „ewigen Stadt“ nahm Hübsch als Vorbilder für sein eigenes Schaffen; aber auch die gotischen Bauten Ober- und Mittelitaliens inspirierten ihn. Weitere Reisen führten ihn nach Athen und Konstantinopel. Zurück in Karlsruhe legte Heinrich Hübsch seine Staatsprüfung bei Friedrich Weinbrenner ab. Weil er keine Stelle bekam, kehrte er nach Rom zurück und führte seine architektonischen Studien fort. 1822 veröffentlichte Heinrich Hübsch in Heidelberg zwei Werke über griechische Architektur. Von 1824 bis 1827 unterrichtete er Baukunst am Städelschen Institut in Frankfurt.
EIN NEUER STIL
Mit dem Bau der evangelischen Hauptkirche in Wuppertal-Barmen (1825–1829) und des Waisenhauses in Frankfurt (1826–1829) machte sich Heinrich Hübsch einen Namen als Architekt. Die Rom-Aufenthalte und Reisen inspirierten ihn zu einem eigenen Stil: Der „Rundbogenstil“ prägte seine Arbeiten ab 1828. Dafür entwickelte er die Formen frühchristlicher Sakralbauten und der Romanik eigenständig weiter und griff auch Elemente aus dem italienischen Palastbau auf. Großen Wert legte er auf Materialtreue: So ist das farbige Streifenmuster in der Backsteinfassade des Torbogenbaus im Botanischen Garten Karlsruhe, aber auch die Verwendung einzelner Elemente aus Terrakotta oder glasierter Keramik typisch für ihn.
DIE FRAGE NACH DEM „RICHTIGEN“ STIL
Mit seiner Schrift „In welchem Style sollen wir bauen?“ machte Hübsch 1828 überregional Schlagzeilen. Darin wandte er sich gegen den Klassizismus des 19. Jahrhunderts ‒ und damit gegen die Architektur seines Lehrers Friedrich Weinbrenner. Hübsch propagierte einen neuen Stil, bei dem Anregungen aus der Vergangenheit erlaubt waren. Seine Ansicht: Wer Gebäude von gleicher Qualität wie die der Antike schaffen wolle, müsse aktuelle Baumaterialien, technische Errungenschaften und die zeitgenössischen Bedürfnisse der Nutzer berücksichtigen. Später förderte auch die Diskussion um den Neubau der Westfassade des Speyrer Doms, die international – kontrovers – geführt wurde, Hübschs Ansehen und Bekanntheitsgrad.
NEUGESTALTUNG DES BOTANISCHEN GARTENS
Die Neugestaltung des Botanischen Gartens Karlsruhe gab Friedrich I., der vorletzte Großherzog von Baden, in Auftrag: Heinrich Hübsch, seit 1842 Leiter der badischen Baudirektion, setzte dessen Wünsche um. Das Gelände des Botanischen Gartens wurde von 1852 bis 1857 in den Karlsruher Stadtgrundriss eingepasst – die damals neuen Schauhäuser und der Torbogenbau markieren einen der Strahlen, die vom Schloss ausgehen und sich in der Bismarckstraße fortsetzen. Beim Bau der Glashäuser orientierte sich Heinrich Hübsch an den neuesten technischen Errungenschaften des englischen Glashausbaus. So fanden sich Details von Joseph Paxton und seinem Great Conservatory in Chatsworth, ebenfalls eine Holz-Glas-Konstruktion, wieder. Auch für die Orangerie mit ihrer prägnanten grünen Kuppel, heute Teil der Kunsthalle Karlsruhe, griff Heinrich Hübsch auf englische Vorbilder zurück.
HÜBSCHS VERMÄCHTNIS
Am 3. April 1863 starb der engagierte, international bekannte Architekt und badische Hofbaudirektor Heinrich Hübsch in Karlsruhe. Für seine Verdienste als Hofbaumeister des Großherzogtums Baden setzte man ihm ein Denkmal: am Rand des Botanischen Gartens, zwischen dem Hauptgebäude der Kunsthalle und der Jungen Kunsthalle. Die Gewächshäuser Hübschs wurden wie die gesamte Gartenanlage im Zweiten Weltkrieg zerstört. Nach dem Wiederaufbau in den 1950er-Jahren wurden sie als Schauhäuser für die Öffentlichkeit eingerichtet. Von 2014 bis 2018 wurden sie umfangreich saniert – seitdem präsentieren sie sich so wie zu ihrer Erbauungszeit. Im Torbogenbau informiert eine Gartendokumentation über die Geschichte des Botanischen Gartens Karlsruhe.
INFORMATION
Nach der jüngsten Corona-Verordnung des Landes Baden-Württemberg können die Monumente der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg abhängig von der jeweiligen Sieben-Tage-Inzidenz des zugehörigen Land- oder Stadtkreises öffnen. Manche Monumente können nur mit Einschränkungen besichtigt werden, andere Monumente müssen vollständig geschlossen bleiben. Der Botanische Garten Karlsruhe ist aktuell geschlossen.